Canon PowerShot Pro1

 
März 2004
Ein Freund hat sich kürzlich die Pro1 gekauft und mir für einen Kurztest zur Verfügung gestellt. Hier meine Eindrücke:

 

Mein erstes Problem:
Gegen welche (mind. gleichwertige) Kamera lasse ich die Pro1 antreten? Ebenbürtige Gegner wären die Sony F828 oder die D-SLR 300D. Beide standen mir leider nicht zur Verfügung!
So habe ich halt die 3 MP Fuji 602 und die kleine 4 MP Ixus 400 mitgenommen, um nicht nur Aufnahmen mit der Pro1 zu machen. Dabei sind aber einige interessante Ergebnisse herausgekommen!

Verblüffung Nr. 1: Wer schon mal die schwere und unförmige Sony F828 in der Hand hatte .... die Pro1 ist sogar gegen die rel. zierliche Fuji 602 (7000; S20) sehr klein und leicht ... und bietet sogar 28 mm Weitwinkel!


Verblüffung Nr. 2: Bei Vollbild-Darstellung auf dem Bildschirm waren die Bilder der 4MP-Ixus400 in Schärfe, Kontrast und Farbgüte völlig gleichwertig mit den 8MP-Pro1-Bildern! Sie waren wirklich nicht auseinander zu halten!

Mein bekanntes Standard-Motiv war, nachdem ich beide auf meine Standardgröße für Vollformatbilder (1600 x 1200) heruntergerechnet hatte, selbst bei 1:1  (100%-Darstellung)  Betrachtung auf meinem sehr guten Bildschirm praktisch identisch. Auch wenn man die Originaldateien der 4MP-Kamera und 8MP-Kamera bildschirmfüllend auf einem HD-PC-Bildschirm ansieht, gibt es praktisch keine Unterschiede! Wer das nicht glauben will, kann ja mal beide unveränderte Originaldateien herunterladen und auf seinem Bildschirm ansehen.
Anders ist es natürlich, wenn man Bildausschnitte in Originalgröße vergleicht! Sehr deutlich wird hier, dass die 8MP-Fotos Reserven für Ausschnitt-Vergrößerungen und große Poster haben.

Auch mein zweites Standard-Motiv zeigt den gleichen Tatbestand. Verblüffend war hier, dass beide Kameras im Schattenbereich noch eine sehr gute Durchzeichnung hatten, so dass mit Hilfe von Photoshop sehr ansehnliche 1:1 Ausschnitte möglich waren.
Selbstverständlich ist der Ausschnitt der Pro1 (Bild) deutlich größer als der von der Ixus 400.

Das gleiche Motiv habe ich schon vor Jahren mit einer analogen SLR aufgenommen. Da waren die kleinen Zahlen selbst auf einer großen Leinwand nicht einwandfrei erkennbar! Die Pro1 übertrifft also eindeutig die Auflösung einer "normalen" Kamera. Auch eine (6 MP) D-SLR liefert keine höhere Auflösung .... solange man die Pro1 mit 50 ASA benutzt!

Alle Aufnahmen zeigten eine hervorragende Schärfe bei hohem Kontrast. Einen Vergleich mit der Sony F828 und der Nikon 8700 braucht die Canon nicht zu scheuen! Allerdings lag bei der Kamera des Freundes ein Canon-Problem vor: nicht exakte Montage oder Führung des Objektivs und deshalb Unschärfe am linken Rand. Der Fehler wurde inzwischen von Canon bestätigt und die Kamera repariert. Danach waren die Bilder bis in alle Ecken scharf!

Die Verzeichnung bei 28 mm Weitwinkel ist durchaus noch erträglich (Bild), bei 35 mm ist fast keine Verzeichnung mehr erkennbar!
Was hier auffällt: die Gegenlichtblende schattet unten das Bild ab. Blitzen deshalb immer nur ohne!
Mein bei offener Blende aufgenommenes "Randschärfe-Testbild" zeigt bei 28 mm auch die o.g. Verzeichnung. Die Schärfe in den oberen Ecken war hervorragend (Bild-Ausschnitt oben links)!
Das Problem lag zur Abwechslung diesmal auf der linken Seite! (Bei diesem Testbild nicht erkennbar).
Die Makro-Eigenschaften sind nicht sehr überzeugend. Nur bei einer bestimmten Brennweite ist die maximale Bildgröße erreichbar. Aber es sind dann auch nur 87 x 65 mm und dazu noch rel. stark verzeichnet (Bild). Andererseits lassen die 8 MP noch starke Ausschnittvergrößerungen zu!
Für Knipser, die extreme Verzeichnungen nicht stören, gibt es noch "Super-Makro".
Am meisten habe ich mich über die elektronische Zoom-Verstellung des Objektivs geärgert. Sie reagiert stark verzögert. Außerdem ist zur Bedienung eine zweite Hand notwendig. Bei der Fuji 602 / 7000 / S20  z.B. geschieht die Verstellung erheblich direkter. Außerdem konnte ich mit der Fuji z.B. auf einer Gartenparty in einer Hand das Sektglas halten und mit der anderen Hand die Kamera mit allen notwendigen Funktionen (incl. Brennweitenverstellung!) bedienen .....
Wenn eine Kamera schon keine mechanische Brennweiten-Verstellung hat (die immer noch optimal ist!), warum muss man dann bei der Pro1 auf die Einhand-Bedienungsmöglichkeit verzichten?
Auch in einem anderen Punkt ist die gute alte Fuji 602 der Pro1 überlegen:
Wenn man Serien-Aufnahmen macht, zeigt der Monitor während der Aufnahmen das Motiv und schaltet sich erst ab, wenn die 5 Bilder anschließend gespeichert werden (für ca. 2 - 10  Sek, je nach jpg-Qualität).
Bei der Pro1 (wie übrigens auch bei der Sony F828) Wird der Monitor beim Auslösen schwarz und man macht die restlichen Bilder im "Blindflug".
Das erinnert an die uralten Spiegelreflexkameras ohne automatischen Spiegel!

Die Bildfolgezeiten (Zeit, bis die Kamera nach einem Foto wieder aufnahmebereit ist) sind etwa gleich ... obwohl die Pro1 erheblich größere Dateien zu verarbeiten hat.

Die Fuji lässt bei Blitzaufnahmen sogar 1/3000 Sek. zu, was ich schon genutzt habe, als ich den Einfluss eines extrem hellen Spotlichtes reduzieren musste. Die Pro1 geht nur bis 1/250 Sek.!
Besonderes Lob verdient die Beweglichkeit des Monitors. Er kann nicht nur seitlich aufgeklappt werden (und damit Fotos "um die Ecke" ermöglichen), sondern auch nach unten ("Über-Kopf-Fotos") und in Schutzposition (zur Kamera hin).
Sonys F828 kann ihr Objektiv nur in eine Richtung drehen; D-SLRs werden nie solchen Monitor haben (Begründung).
Die Pro1 hat zwar kein Autofokus-Hilfslicht, aber die Beleuchtung durch eine einzige Kerze in 0,5 Meter Abstand reicht aus, um (für eine Blitzlichtaufnahme) scharf zu stellen. (Testbild)
Leider hat die Kamera das gleiche Problem wie die Sony: bei Weitwinkel und offener Blende zeigen sich starke Farbsäume. Die sind auch bei auf Bildschirmgröße verkleinerten Bildern unübersehbar!


 

 

Farbwiedergabe bei Blitzaufnahmen

Regelmäßige Besucher meiner Website haben sicherlich schon registriert, dass ich häufig bei Squaredance-Veranstaltungen den Fotoreporter spiele und die Bilder bei www.Hearties.de veröffentliche. Da ich die Canon nun zufällig bei einer solchen Gelegenheit zum Test dabei hatte, konnte ich sie im Vergleich zur sonst eingesetzten Fuji 602 zum Einsatz bringen. Kurz gesagt: es war enttäuschend!

Unter ähnlichen Bedingungen waren die bisherigen Fuji-Bilder deutlich besser als alle Canon-Bilder des Tanzabends.

Beide Kameras waren mit dem gleichen externen Blitz (Metz 32 CT 2) verbunden und auf Auto-Weißabgleich gestellt. Bel.-Zeit 1/30 bzw. 1/40 ; Blende: 4 bzw. 4,5 ; ASA: 50 bzw. 160.
Die Canon war auch nicht mit anderen Farbabgleichen zu den angenehmen Farben der Fuji zu bewegen.
Es scheint typisch für Canon zu sein, denn auch die Ixus 400 hat bei solchen Blitzaufnahmen das gleiche Problem. Blitzaufnahmen aus kurzer Distanz sind aber farblich in Ordnung!

Hier zwei typische Vertreter von Fuji (oben) und Canon (unten). Beides sind lediglich verkleinerte aber sonst unveränderte Originale!

 

 

Pro

  • Hervorragende Bildschärfe und -Auflösung
  • sehr geringes Rauschen bei Basis-Empfindlichkeit.
  • Der in jede Richtung drehbare Monitor ist bei ungewöhnlichen Perspektiven sehr nützlich.
  • Gegenlichtblende wird kostenlos mitgeliefert.
  • Alle wichtigen Funktionen sind über Tasten direkt erreichbar
  • Video-Bildqualität etwas besser als bei der Fuji (nicht so überschärft!).
  • Autofokus und Monitor arbeiten auch bei sehr wenig Licht. Für sehr kurze Distanz reicht sogar das Lämpchen unter dem Blitz, das eigentlich nur rote Augen verhindern soll.
  • Drahtloser Fernauslöser wird mitgeliefert
  • Fernsteuerung ist möglich

Contra

  • Die Brennweitenverstellung reagiert stark verzögert.( --> Nachtrag unten)
  • Autofokus könnte schneller sein. (---> Nachtrag unten)
  • Farbsäume bei Weitwinkel.
  • Kein "kontinuierlicher Autofokus" wie bei der Fuji 700.
  • Video ruckelt bei schnellen Bewegungen (nur 15 Bi./Sek.).
  • Bei Video wird (im Gegensatz zur Fuji) die Blende bei Hell-Dunkel-Schwenks nicht verändert. Zoom ist nicht möglich. Lichtempfindlichkeit ist nicht höher als bei der Fuji.
  • Die Taste "MF" kann leicht versehentlich gedrückt werden
  • Wie bei allen aktuellen 8 MP-Kameras ist mehr als 100 ASA nicht empfehlenswert.
  • "Partybilder" nur begrenzt möglich (kein Hilfslicht).
  • Farbwiedergabe bei Blitzaufnahmen farbstichig.

 

Mein Kommentar

Die Pro1 vermeidet die Fehler der Sony F828. Der wichtigste Pluspunkt von "all-in-one-Kameras" ist ja, dass sie gegenüber D-SLR-Kameras kleiner und leichter sein können.
Außerdem wird der Bereich von 28 - 200 mm und Makro mit einem einzigen Objektiv abgedeckt. Um damit und der Bildschärfe der Pro1 gleichzuziehen, müsste man bei einer D-SLR sehr viel Geld in mehrere sehr gute Objektive investieren (Hinweis). Aber die Auflösung des 8 MP-Sensors der Pro1 wird dennoch nicht erreicht!
Bleibt als wichtigster Vorteil der derzeitigen D-SLR-Kameras eigentlich nur noch die Rauschfreiheit bei hohen ASA-Werten.

Die Pro1 bietet hervorragende Bildqualität und eine sehr handliche Größe.
Sie kommt meiner derzeitigen "Wunschkamera" schon sehr nahe aber Video-Möglichkeiten und besonders die Farbwiedergabe bei Blitzaufnahmen (sh. unten) sind bei meiner "uralt" Fuji 602 besser!

Stand: 25.01.2005

 

Nachtrag

Seit dem 01.12.2004 gibt es ein Firmware-Update. (Version 1.01)
Das habe ich inzwischen getestet.
Die Brennweitenverstellung geht tatsächlich merklich schneller. Besonders aber die Beschleunigung des Autofokus ist sehr erfreulich. Die Canon liegt nun im Mittelfeld und die Nikon 8700 ist Schlusslicht. Allerdings gibt es da schon einen Nachfolger ...

 


 

Andere Testberichte

dpreview.com : Details (englisch) mit Vergleichsdaten aller aktuellen 8 MP-Kameras: http://www.dpreview.com/reviews/canonpro1/
Seit dem 16.3. gibt es den ersten Testbericht (leider in englisch) unter
http://www.steves-digicams.com/2004_reviews/pro1.html

Zusammengefasst: Farbqualität besser als Sony F828; Rauschen ab 200 ASA auffällig (aber nicht ganz so schlimm wie bei der Sony); erkennbare tonnenförmige Verzeichnung bei Weitwinkel; Schärfe und Brillanz der Optik erreicht nicht ganz die Güte von SLR-Objektiven der "L"-Klasse, ist aber dennoch hervorragend. Sehr gute Makro-Eignung; Reserve-Akku ist notwendig.

Interessant sind die Vergleichsfotos mit der Pro1, F828 und Nikon 8700 von den selben Motiven. Ist auch ohne Englischkenntnisse verständlich.
http://www.steves-digicams.com/2004_reviews/pro1_samples.html

 
Einer meiner Leser hatte Gelegenheit, die Pro1, Sony 828, Minolta A2 und Nikon 8700 ausführlich parallel zu testen. Die Fotos wurden dann von mehreren Personen beurteilt (ohne zu wissen, mit welcher Kamera sie entstanden). Die Bilder liegen mir vor.
Ergebnis:
Canon hatte leichten Vorsprung vor der Sony, deutlich schlechter war die A2 und eindeutiges Schlusslicht war die Nikon!
 
Die Zeitschrift CF (05/2005) bescheinigt der Pro1 eine bessere Auflösung als alle bisher getesteten Digitalkameras (außer D1s) .... aber auch Rand-Unschärfe (diesmal oben links).
Ansonsten wird sehr geringes Rauschen (weniger als bei der D-SLR Canon 300D!) aber rel. langsamer Autofokus festgestellt.


Ausschnitt (1:1) aus den Testbildern

Pro1 D-SLR Canon 300D
 

Interessant auch das Ergebnis der Rausch-Messungen der Zeitschrift CF 06/2004:
Die Pro1 hat (zusammen mit der Olympus C-8080) bei allen ASA-Werten nur halb so viel Farb-Rauschen wie die Minolta A2!
(z.B. ca. 0,7% / 1,7% bei 50 ASA ; ca. 2,4% / 5,3% bei 400 ASA)

 


 

Hinweis

An dieser Stelle sollte nochmals darauf hingewiesen werden, dass ich nicht alte Testberichte laufend aktualisiere! Eine Kamera, die mir zum Testzeitpunkt gut gefiel, würde ich ein halbes Jahr später sicherlich nicht gleich einstufen!

Deshalb empfiehlt sich immer ein Blick auf das Datum des Abschlusskommentars bzw. letzten Nachtrags.

 


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Letzte Überarbeitung: 21.02.2012